Forschungskolleg ACCESS!
Transformationspfade zu einer nachhaltigen Mobilität
Gefördert vom
Mobility Futures

Kontakt
Jennifer Bosen, M.A. RWTH
Gender and Diversity in Engineering Research Group

Motivation

Auch wenn sich Soziolog*innen schon immer mit Räumen und räumlicher Mobilität beschäftigt haben (Cresswell 2010; Manderscheid 2022) wurde Mobilität in der Soziologie lange Zeit vorwiegend als soziale Mobilität verstanden, als vertikale Bewegung auf der sozialen Leiter und durch soziale Schichten. Die soziologische Analyse von Verkehrsmobilität und ihre Bedeutung als räumliche Bewegung erfuhr bis zu den frühen 2000er Jahren nur begrenzte Aufmerksamkeit. Angesichts der aktuellen Forderung nach nachhaltigeren Mobilitätssystemen gewinnt jedoch eine sozialwissenschaftliche Analyse von Mobilitäten auf Basis empirischer Daten zunehmend an Bedeutung. Dies ist entscheidend, um zur Forschung für eine nachhaltige, inklusive und gerechte Zukunft beizutragen.

Zielsetzung

Die Dissertation präsentiert soziologische Forschung zu nachhaltigen Mobilitäten, Zukünften und zukünftigen Mobilitäten, die in ihrer umfassenden Rahmung von Mobilität als sozial, räumlich und zeitlich neu ist. Hierbei integriert die Dissertation originäre empirische und theoretische Forschung, die bereits in drei unabhängigen wissenschaftlichen Fachzeitschriftenartikeln veröffentlicht wurde, in einem integrativen Rahmen. Die Dissertation soll so einen Beitrag zur wachsenden Zahl von Forschungsarbeiten im Rahmen des „new mobilities paradigm“ (Sheller und Urry 2006) und des „mobilities turn“ (Sheller 2009) leisten.

Vorgehen & Methoden

Zunächst erfolgt eine Diskussion des aktuellen Stands der soziologischen Mobilitätsforschung in Verbindung mit der Lebenslaufforschung sowie den Konzepten von Gleichberechtigung und Inklusion. Diese theoretische Auseinandersetzung führt zu einer Analyse des Zusammenhangs zwischen Mobilität und Nachhaltigkeit, welche im ersten theoretischen Artikel vertieft wird. Dieser Artikel führt in die Zusammenhänge zwischen dem Konzept der Mobilitätskultur und der nachhaltigen Entwicklung ein und plädiert dafür, diese Konzepte besser zu integrieren. Dabei wird untersucht, wie Prämissen wie ‚Leave no one behind‘ und die Normativität von Diskursen über nachhaltige Entwicklung auf Mobilität übertragen werden können und inwiefern Gleichberechtigung und Inklusion zu den Interdependenzen von Nachhaltigkeit und Verkehrsmobilität beitragen.

Im zweiten Artikel wird nachhaltiger Verkehr als Teil nachhaltiger Mobilitätskulturen empirisch am Beispiel des städtischen Fahrradverkehrs analysiert. Die Analyse stützt sich auf problemzentrierte Interviews, die mit der Methode der qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet wurden. Der Artikel gewährt Einblicke in die subjektive Sicherheit und den Habitus von Alltagsradfahrenden und zieht Schlussfolgerungen zu den sozialen und kulturellen Faktoren, die eine nachhaltige Mobilitätskultur beeinflussen.

Der dritte Artikel verlagert den analytischen Fokus der Dissertation von der räumlichen zur sozialen Mobilität und untersucht, wie Zukunftsvisionen von sozial-mobilen Mädchen während eines COVID-19-Lockdown konstruiert werden. Er verwendet die Methode der Grounded Theory zur Analyse von Interviewdaten und schlägt die Strategie des "morphing temporality" vor, um zu beschreiben, wie die Mädchen ihre Handlungsfähigkeit und Selbstidentität während des Lockdowns aufrechterhalten.

Die Gesamtheit der drei Artikel in Verbindung mit dem theoretischen und methodischen Rahmen der Dissertation trägt dazu bei, Mobilität als soziales und räumliches Phänomen zu verstehen und leistet einen Beitrag zur sozialwissenschaftlichen Forschung im Kontext einer integrativen soziologischen Theorie der Mobilitäten.

Referenzen

Cresswell, Tim (2010): Towards a Politics of Mobility. In: Environ Plan D 28 (1), S. 17–31. DOI: 10.1068/d11407.

Manderscheid, Katharina (2022): Soziologie der Mobilität. Bielefeld: UTB; transcript (Einsichten Themen der Soziologie, 5581).

Sheller, Mimi (2009): Sociology After the Mobilities Turn. In: The Routledge Handbook of Mobilities: Routledge.

Sheller, Mimi; Urry, John (2006): The new mobilities paradigm. In: Environ Plan A 38 (2), S. 207–226. DOI: 10.1068/a37268.