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Motivation
Kommunale Verkehrsplaner stehen aufgrund der hohen Auslastung von Verkehrssystemen vor großen Herausforderungen. Die zunehmende Fahrleistung im Personenverkehr hat vor allem in Ballungsräumen Verkehrsstaus und Parkplatzmangel zur Folge und wirkt sich erheblich auf den Ausstoß von Treibhausgasen aus: Gemäß der Europäischen Kommission sind Personenkraftwagen für 12 % der gesamten CO2-Emissionen der Europäischen Union verantwortlich. Zugleich besteht der Wunsch nach flexibler Mobilität, welcher insbesondere in ländlichen Regionen aufgrund schlechter Anbindungen und langer Fahrzeiten im ÖPNV durch den eigenen Autobesitz erfüllt wird.
Vor dem Hintergrund dieser Herausforderungen besteht zunehmender Bedarf an alternativen Mobilitätskonzepten, die nachhaltig gestaltet sind und die Flexibilität der Nutzer erhöhen. Einen Lösungsansatz stellt das Konzept des Carsharings dar, bei dem Fahrzeuge für Mitglieder des Systems verfügbar sind und gegen Entgelt genutzt werden können. Carsharing ermöglicht es, jederzeit mobil zu sein, ohne dass die Notwendigkeit besteht, ein eigenes Fahrzeug zu besitzen. Ferner führt die Verbreitung von Carsharing nicht nur zur Reduktion des Fahrzeugbestandes und somit zur Verbesserung der Verkehrssituation, sondern trägt durch die Verlagerung von Teilstrecken auf öffentliche Verkehrsmittel sowie der Nutzung kleinerer und neuerer Fahrzeuge gleichzeitig zur Reduktion von CO2-Emissionen bei. Mit Carsharing wird primär die private Nutzung von stationsgebundenen oder ungebundenen Angeboten wie beispielsweise DriveNow oder cambio assoziiert. Jedoch können nicht nur private, sondern auch betriebliche Nutzer vom flexiblen Zugriff auf geteilte Fahrzeugflotten und den damit verbundenen Einsparungspotentialen profitieren. Betriebliches Carsharing umfasst neben dem Einsatz unternehmensinterner Fahrzeugpools auch die Nutzung von öffentlichem Carsharing, um Mobilitätsspitzen abzufangen und ineffiziente Dienstwagen zu ersetzen.
Während private Carsharing-Angebote vermehrt während der Morgen- und Abendstunden und an Wochenenden gebucht werden, greifen Unternehmen an Werktagen während der Betriebszeiten auf Fahrzeugflotten zu. Die gegenläufigen Nachfragestrukturen der betrieblichen und der privaten Nutzung von Fahrzeugflotten weisen Potentiale für die Nutzung von funktionsübergreifenden Flotten für beide Nachfragetypen auf. Mögliche zusätzliche Einsparungen hinsichtlich der Fahrzeuge und Kosten sowie der Zugriff auf eine potentiell größere und weiter verbreitete Carsharing-Flotte können sich sowohl positiv auf Betriebe und Privatpersonen als auch auf Carsharing-Betreiber auswirken. Gegenwärtig liegt der Fokus in der Carsharing-Forschung und -Praxis vorwiegend auf Ansätzen für den urbanen Raum. Potentiale für ländliche Regionen werden bislang unzureichend betrachtet. Der Einsatz funktionsübergreifender Flotten und die Möglichkeit, betriebliche Fahrzeugflotten für private Zwecke nutzen zu können, bietet gerade auch für ländliche Regionen mit beschränktem ÖPNV-Angebot und wenigen Carsharing-Angeboten eine mit geringem Aufwand verbundene und effiziente Möglichkeit, flexible Mobilität anzubieten.
Zielsetzung
Vor diesem Hintergrund besteht die Zielsetzung dieses im Forschungskolleg „ACCESS! Welche Mobilität werden wir uns zukünftig leisten?“ angesiedelten Forschungsprojektes in der Analyse des Einsatzes funktionsübergreifender Flotten im ländlichen Raum. In diesem Zusammenhang werden folgende Forschungsfragen beantwortet:
Vorgehen & Methoden
Zur Erreichung dieser Zielsetzung erfolgt zunächst die Analyse der betrieblichen und privaten Fahrzeugnachfrage und der Angebotsstruktur von Carsharing im ländlichen Raum. Darauf aufbauend erfolgt die Modellierung der Planung funktionsübergreifender Fahrzeugflotten für verschiedene Transformationsschritte unter Nutzung von Methoden des Operations Management / Operations Research. Das entwickelte Modell wird anschließend auf das Fallbeispiel des Kreises Heinsberg angewendet. Die Ergebnisse dienen zum einen der Ableitung konkreter Handlungsempfehlungen für den Einsatz kommunaler Fahrzeugflotten für private Carsharing-Angebote im Kreis Heinsberg. Zum anderen werden allgemeine Handlungsempfehlungen als Entscheidungsunterstützung für die Gestaltung funktionsübergreifender Fahrzeugflotten abgeleitet. Weiterhin werden für den Umgang mit Nutzungskonkurrenzen Methoden des Revenue Managements eingesetzt.